Who is in charge here?
Konzeptionen von Natur, Kultur & Agency angesichts der ökologischen Krise
Katharina Hoppe
(Goethe-Universität Frankfurt/M.)
Ökodependenz: Zur Affirmation von Abhängigkeiten im Anthropozän.
Keynotes:
Didier Debaise
(Université libre de Bruxelles)
From nature to precarious beings. The strange materialism of Whitehead and Latour.
(English version below)
Die ökologische Krise hat weitreichende Auswirkungen und manifestiert sich in vielfältiger Weise. Deutlich wird das auch an den Kontroversen und Debatten, die sie entfacht: Noch immer gibt es Stimmen, die die prognostizierten Folgen des Klimawandels verharmlosen oder den Einfluss des menschlichen Handelns auf das Klima relativieren bzw. vollständig abstreiten. Andere sind hingegen fest davon überzeugt, dass die Folgen des Klimawandels verheerend sein werden und dass die Ursachen (und Lösungen) hierbei allein im menschlichen Handeln zu suchen sind.
Seit den Nullerjahren wird versucht, mit dem Begriff des Anthropozäns den maßgeblichen Einfluss des Menschen auf erdgeschichtliche Prozesse abzubilden. Da für die ökologische Krise aber nicht der Mensch per se verantwortlich gemacht werden kann, gerät insbesondere das Wirtschaftssystem in den Blick. Der Tradition eines historischen Materialismus folgend, konkretisiert der Begriff des Kapitalozäns die ökologische Krise daher als eine unmittelbare Folge der auf Wachstum basierenden kapitalistischen Ökonomie. Hieran schließen sich neben Kritiken an Fortschrittsnarrativen auch Konzepte wie Postwachstum bzw. Degrowth an. Dabei ist diesen Überlegungen gemeinsam, dass sie den Menschen als handlungsfähiges Subjekt ins Zentrum rücken. Dichotom dazu werden die Natur und alle nicht-menschlichen Entitäten dann allerdings als passive Objekte angenommen, für die der Mensch Verantwortung trägt. Somit folgen auch sie implizit dem Topos der Moderne, der die Natur als etwas figuriert, das aufgrund seiner Passivität potenziell unter menschlicher Kontrolle steht.
Als „Neue Materialismen“ werden verschiedene heterogene Ansätze bezeichnet, die hierzu in Opposition treten, indem sie auch dem Nicht-Menschlichen Agency zusprechen. Dabei werden Gegenüberstellungen wie die von Natur und Kultur oder Subjekt und Objekt tendenziell aufzulösen versucht. An die Stelle einer Einteilung, die klar in aktive und passive Entitäten unterscheidet, tritt die Vorstellung eines netzwerkartigen Verwobenseins aller existierenden Wesen. Den „Neuen Materialismen“ zufolge stehen Menschen und Nicht-Menschliches in Relation zueinander. Sie wirken wechselseitig aufeinander ein und bringen immer nur gemeinsam neue Sachverhalte hervor.
Die unterschiedlichen Sicht- und Handlungsweisen verweisen auf die thematische Komplexität und auf Konflikte, die die Gesellschaft aktuell mit Blick auf sich selbst und die Zukunft ihrer Umwelt prägt. Im Rahmen der Tagung wollen wir daher verschiedene materialistische Diskurse in den Blick nehmen und ihre Konzeptionen von Natur, Kultur und Agency diskutieren. Dabei soll es sowohl um deren Potenziale als auch um mögliche Schwierigkeiten in Hinblick auf ihre Praktikabilität angesichts der ökologischen Krise gehen. Was könnten derartige Konzeptionen diesbezüglich zum Wandel beitragen und was vielleicht nicht? Welche Rolle spielt bei alledem die Art und Weise ihrer Vermittlung sowie ihrer künstlerischen oder medialen Darstellung? Ziel der Tagung soll es sein, einen Beitrag zur Zusammenführung von Theorie und Praxis zu leisten.
CALL FOR PAPERS
Deadline: 27.12.2024
Der Call for Papers richtet sich an alle, die sich mit philosophischen, kulturtheoretischen, medienwissenschaftlichen, soziologischen oder anderen geisteswissenschaftlichen Konzeptionen von Natur, Gesellschaft, Kultur und/oder (menschlicher bzw. nicht-menschlicher) Agency auseinandersetzen und diese mit Blick auf die ökologische Krise zu perspektivieren suchen. Wir freuen uns insbesondere über Einreichungen von Nachwuchswissenschaftler*innen. Die Tagung zielt auf einen fächerübergreifenden Austausch und die Möglichkeit zur interdisziplinären Vernetzung ab. Darüber hinaus wird angestrebt, die Konferenzbeiträge in einem Tagungsband zu veröffentlichen.
Wir freuen uns über Beiträge z.B. aus folgenden Bereichen/Themenfeldern:
Philosophie
Sozialökologie & Politische Ökologie
Medien-, Film-, Literaturwissenschaften und Kulturtheorie
Ecocriticism
Wissenschafts- und Techniksoziologie
Perspektiven/Begriffe/Strategien/Methoden historischer und/oder neuer Materialismen angesichts der ökologischen Krise
Konzeptionen, Narrative & Normative rund um Natur, Mensch, Kultur, Ökologie
Potenziale & Probleme ökologischer Transformationen unter der Prämisse menschlicher bzw. nicht-menschlicher Agency
Darstellbarkeit nicht-menschlicher Agency in den Künsten und Medien
Post-/Transhumanismus
Für einen Vortrag reichen Sie bitte ein Abstract von max. 500 Wörtern ein. Die Abstracts können in den Sprachen Deutsch und Englisch eingereicht werden. Die Vorträge können ebenfalls in den genannten Sprachen gehalten werden. Für jeden Vortrag sind 25 Minuten Redezeit und 15 Minuten Diskussion eingeplant. Die Einreichung der Themenvorschläge erbitten wir per Mail bis zum 27.12.2024 an materialismen_konf@web.de.
Über die Annahme der Themenvorschläge informieren wir bis zum 12. Januar 2025. Die Kosten für Unterkunft und Anreise werden bei aktiver Teilnahme übernommen. Für Rückfragen stehen wir gerne per E-Mail zur Verfügung.
Kontakt & Anmeldung:
Marlen Reinschke & Patrick Müller
materialismen_konf@web.de
"Who is in charge here? Conceptions of nature, culture and agency in face of the ecological crisis"
The ecological crisis has far-reaching effects and manifests itself in many different ways. This is also clear from the controversies and debates it is sparking: There are still voices that play down the predicted consequences of climate change or relativize or completely deny the influence of human activity on the climate. Others, on the other hand, are firmly convinced that the consequences of climate change will be devastating and that the causes (and solutions) are to be found in human activity alone.
Since the noughties, the term Anthropocene has been used to describe the significant influence of humans on geological processes. However, as humans cannot be held responsible for the ecological crisis per se, the economic system in particular comes into focus. Following the tradition of historical materialism, the concept of the Capitalocene therefore concretizes the ecological crisis as a direct consequence of the capitalist economy based on growth. This is followed by critiques of progress narratives and concepts such as post-growth and degrowth. What these ideas have in common is that they focus on the human being as a subject capable of action. Dichotomously, however, nature and all non-human entities are then assumed to be passive objects for which humans bear responsibility. Thus, they also implicitly follow the topos of modernity, which figures nature as something that is potentially under human control due to its passivity.
Various heterogeneous approaches are referred to as “New Materialisms”, which oppose this by also attributing agency to the non-human. They tend to attempt to dissolve juxtapositions such as those between nature and culture or subject and object. Instead of a division that clearly distinguishes between active and passive entities, the idea of a network-like interconnectedness of all existing beings takes its place. According to the “new materialisms”, humans and non-humans are related to each other. They have a reciprocal effect on each other and only ever produce new facts together.
The different ways of seeing and acting point to the thematic complexity and conflicts that are currently shaping society with regard to itself and the future of its environment. As part of the conference, we therefore want to look at various materialist discourses and discuss their conceptions of nature, culture and agency. The focus will be on their potentials as well as possible difficulties with regard to their practicability in the face of the ecological crisis. What could such conceptions contribute to change in this regard and what perhaps not? What role does the way in which they are communicated and presented artistically or in the media play in all of this? The aim of the conference is to make a contribution to bringing theory and practice together.
CALL FOR PAPERS
Deadline: 27.12.2024
The Call for Papers is aimed at all those who deal with philosophical, cultural-theoretical, media-scientific, sociological or other humanities concepts of nature, society, culture and/or (human or non-human) agency and seek to put them into perspective with regard to the ecological crisis. We particularly welcome submissions from young researchers. The conference aims at an interdisciplinary exchange and the opportunity for interdisciplinary networking. In addition, the aim is to publish the conference papers in a conference volume. We welcome contributions from the following areas/topics, for example:
Philosophy
Social ecology & political ecology
Media, film, literary studies and cultural theory
Sociology of science and technology
Perspectives/concepts/strategies/methods of historical and/or new materialisms in the face of the ecological crisis
Concepts, narratives & normative aspects of nature, humans, culture, ecology
Potentials & problems of ecological transformations under the premise of human or non-human agency
Representability of non-human agency in the arts and media
Post-/Transhumanism
For a presentation, please submit an abstract of max. 500 words. Abstracts can be submitted in German and English. The presentations can also be held in the languages mentioned. Each presentation will have 25 minutes speaking time and 15 minutes for discussion. Please submit your topic proposals by e-mail to materialismen_konf@web.de by December 12, 2024.
We will inform you about the acceptance of the proposed topics by January 12, 2025. If you have any questions, please do not hesitate to contact us by e-mail.
Contact & Registration:
Marlen Reinschke & Patrick Müller
materialismen_konf@web.de